Corona Chronik IV

Seit meinem letzten Corona-Post scheint beinahe alles anders zu sein:
Nicht mehr ihr schaut mit Schrecken und Sorge was bei uns passiert, sondern es hat sich umgekehrt!
Seid Freitag geht es Schlag auf Schlag, angefangen mit Schulschließungen bis zu den Meldungen von heute morgen über Grenzschließungen und Ausruf des Katastrophenfalls in Bayern.

Abends um 17:30 am vergangenen Samstagabend, 7. März in unserer Linie 10. Wir hatten das ganze “Abteilstück” für uns, denn inzwischen haben die Einheimischen vor uns Ausländern Angst.

Ich bin ja mit vielen von euch im Kontakt, sehe Nachrichten, lese SZ und Spiegel News online und hatte latent immer die Befürchtung, dass das Ganze bisher nicht ernst genug genommen wurde.
Von der ganzen Welt, aber teilweise auch von euch.
Es galt ja mehr so ein “China-Ding”, das als Einzelphänomen in Deutschland schnell in Griff zu bekommen war – wie leider der Fall um die ersten Infizierten bei Webasto zu suggerieren schien.

Klar kann man rausgehen, Spaziergänge machen, laufen.
Uns hat das am Samstag so richtig gut getan, eine Stunde von der Nanpu Brücke zum Bund hochzulaufen. Aber wir halten Abstand, wir haben die Masken auf und fassen absolut überhaupt nichts an.

Aktuell lese ich von über 5.000 Erkrankten in Deutschland, davon schon fast 900 in Bayern bei 13 Millionen Einwohnern.
Zum Vergleich: Shanghai hat 24 Millionen und in der ganzen Zeit bisher nur 355 Fälle, von denen tatsächlich die rund 20 letzten aus dem Ausland “importiert” wurden.
Warum sind es hier so wenige?
Die Antwort ist denke ganz einfach:
Zum einen, weil hier die Menschen teilweise schon seit vor Chinese New Year freiwillig zuhause geblieben sind, bzw. das nach ihrem Urlaub konsequent gemacht haben. Zum anderen, weil die Behörden rasch Vorschriften erlassen haben und Kontrollmechanismen eingeführt haben.

Unser insgesamt dritter Restaurantbesuch seit Anfang Februar.
Wenn keiner in der Nähe ist, geht es auch ohne Maske.

Versteht mich nicht falsch.
Es geht nicht darum, das Hohe Lied Chinas zu singen. Da gäbe es sicher viel Konträres, was ich nun nicht anführen muss.
Aber man muss einfach anerkennen, dass man hier mit den richtigen Maßnahmen von Oben und mit dem vernünftigen Verhalten der Bevölkerung eine Situation, die zunächst anderswo in China – und nun auch in der Welt – komplett aus dem Ruder gelaufen ist, relativ zügig in den Griff bekommen hat.

Es war hier in Shanghai weder für Einheimische noch für uns Ausländer verboten seine Wohnung oder seinen Compound zu verlassen und sich frei zu bewegen. Vorausgesetzt natürlich, man war gesund. Aber keiner hat es gemacht, wenn es nicht notwendig war.
Jetzt könnte man natürlich anführen, dass hier alles einfacher ist, weil das gesamte Liefersystem besser ist, weil man alles online einkaufen kann, das Internet besser ist, sowieso alle Betriebe geschlossen waren, usw. usf.

Selbstverständlich lässt sich nicht alles 1:1 übertragen.
Aber auch wenn ihr denkt, ihr seid gesund und es wird euch schon nichts passieren, wochenlang zuhause zu sitzen ist doch eine langweilige Schikane – macht es bitte trotzdem, wenn ihr nicht wegen der Arbeit rausmüsst.
Wer online im Home Office arbeiten kann, ist natürlich klar im Vorteil. Wie sich das ansonsten noch weiterentwickelt mit Betriebsschließungen, das werden wir ja sehen.
Geht in den Garten, auf den Balkon, in den Park, in den Wald, wenn euch die Decke auf den Kopf fällt.
Wenn ihr einkaufen müsst, macht konzertierte Aktionen.
Masken werdet ihr keine bekommen, mein Tipp wäre dann, kauft euch mehrere Paar von den billigen, waschbaren Baumwoll-Handschuhen im Drogeriemarkt, und zieht die an, wenn ihr mit den Öffentlichen fahren müsst oder einkaufen geht. Die erinnern euch auch daran euch nicht ins Gesicht zu fassen.

Die Maske wurde hier nur schnell fürs Foto abgenommen

Keiner trägt die Maske gerne.
Aber es ist ein Akt der Höflichkeit, wenn man mit “fremden” Leuten näher zusammenkommt, wie z.B. im Restaurant mit dem Kellner. Auch wenn ich zuhause mit meiner ayi spreche, tragen wir beide sie (wie am Titelbild noch zu sehen ist), ansonsten wenn man allein in einem Raum ist, natürlich nicht.
Corona verändert einen, je länger man damit lebt:
Es gibt kein Händeschütteln mehr, keine Umarmungen mit “Bussi-Bussi”, nicht einmal mit guten Freunden. Wir sehen derzeit sowieso niemanden außer dem Thomas. Auf der Straße ist man fast schon empört, wenn jemand nicht mit mindestens einem Meter Abstand an einem vorbeiläuft oder keine Maske trägt.

Man kann so eine erzwungene Auszeit ja auch sinnvoll gestalten…
Fotos sortieren und endlich das Fotobuch vom Urlaub XY fertigmachen, mit der Duo Lingo App Sprachkenntnisse aufbessern, einen Onlinekurs machen, den Keller entrümpeln, endlich ohne schlechtes Gewissen diese oder jene Serie anschauen (wir machen das auf Englisch, dann zählt es zur Fortbildung!), höchst komplizierte Rezepte ausprobieren, den Garten umgestalten, mal alte Ordner im Büro durchgehen, ob man das wirklich noch alles archivieren muss….
Es gibt genug zu tun.
Passt vor allem auf euch auf!
Ihr kriegt das genauso hin wie wir.
Wir haben einfach nur schon Vorsprung und Routine.