Gansu (V)

Gestärkt mit einem ordentlichen Mittagessen ging es am 27. Juli von Bing Gou Danxia weiter zum tibetanischen Ma Ti Si, zu Deutsch dem Pferdehuf-Tempel, der ca. 60 Kilometer südlich von Zhangye im autonomen Gebiet der Yugur Minderheit liegt.

Die Karte hier zeigt unsere Route vom letzten Standort Zhangye aus, wo wir ungefähr bei #1 im Jurtenhotel waren..
https://www.chinadiscovery.com/gansu/zhangye/matisi-temple.html

Weit sieht das nicht aus auf der Karte, aber in Gansu ist immer alles eine ziemliche Fahrerei.
Kurz vor 15:30 Uhr standen wir dann endlich vor der Klippe, in die die Tempelanlage etwa von 300 – 400 n.Chr. hineingegraben wurde.

An dieser Stelle mit der atemberaubenden Aussicht auf die Tempelklippe hatten wir eine zunächst eher seltsame, dann aber richtig nette Begegnung mit einer kleinen Besuchergruppe aus der Umgebung. Die haben unsere Guide dort nämlich ganz vorsichtig gefragt, ob sie denn mit uns ein Foto bekommen könnten, nachdem sie eine Weile fast schon aufdringlich geschaut und sich beratschlagt hatten.
Die Erklärung für das viele Anstarren, das mir auf dem Fußweg dorthin schon unangenehm aufgefallen war, war nicht meine kurze Hose (wie Martin vermutete), sondern ganz einfach, dass sie noch nie solche Ausländer wie uns gesehen geschweige denn gesprochen hatten. Und sie würden doch so gerne ein Foto zusammen machen, damit sie diesen “Beweis” den Freunden im Dorf zeigen könnten…

Ich rede ja immer gerne mit den Leuten, und nach anfänglichem Schreck – was, die Ausländerin spricht mit uns und wir verstehen die auch…!?! – haben die sich richtig gefreut. Wir sind denen im Lauf der Besichtigung noch ein paarmal begegnet und da wurden jedes Mal ein paar Worte gewechselt, was immer ein großes Hallo hervorgerufen hat.
Und schaut mal, wie fesch die eine der Damen war – mit silbernen Sandalen und Hütchen. Ich dagegen mit meiner abgezippten Trekkinghose und den Boots….

Die Hallen mit den Standing Buddhas waren quasi noch ebenerdig zu besichtigen, zum Teil musste man ein paar Treppen hochsteigen, aber ganz einfach eigentlich!

Auch die Grotte hier oben im Bild, die etwa 1600 Jahre alte namensgebende Ma Ti Hall konnte man gut erreichen. Das Fotografierverbot und Angst vor Besuchern die mich eventuell ertappt hätten, haben mich allerdings davon abgehalten, den Pferdehufabdruck des heiligen Pferdes eines legendären tibetanischen Königs im Stein zu fotografieren. Der wäre genau rechts vorne neben dem Eingang gewesen.

Da musste man hinauf, wie auch immer, oft auf allen Vieren! Glückliche Gesichter nach den Strapazen.

Der Ma Ti Si war einfach atemberaubend!
Man sieht auf dem Foto schon die wabenartigen Strukturen, die die ganze Klippe wie einen Schweizerkäse durchziehen, viel weitläufiger als das was wir besichtigt haben. Was man nicht sieht, sind die Verbindungsgänge innerhalb des Felsens; nur zur untersten Reihe der Tempelgrotten führt eine außen in die Wand geschlagene Rampe/ Treppe, alles andere spielt sich im Inneren der Wand ab.
Insgesamt sind in dieser Anlage also 21 Tempelgrotten auf sieben verschiedenen “Stockwerken” angeordnet, von denen wohl nur die unteren von Klaustrophobikern, Gehbehinderten oder stark Übergewichtigen betreten werden können.

Ja, das muss man wirklich so direkt sagen!
Zu diesen oberen Bereichen (im nachfolgenden Bild schön von vorne von Martin mit der Drohne fotografiert) muss man sich durch einbahnstraßenartige Tunnel- und Gangsysteme schlängeln, auch krabbeln, kraxeln, manchmal geht es steile Leitern oder rutschige Treppen hinauf, es gibt “Grifflöcher” im Felsen um sich festzuhalten, längere richtig dunkle Passagen, teilweise postiert man sich mit dem Hintern zuerst und zieht irgendwie die Beine nach Oben…
Irgendwie müssen die tibetanischen Mönche vor 1600 Jahren weitaus wendiger, kleiner und zierlicher gewesen sein als der Großteil der heutigen Bevölkerung.

Sehr, sehr abenteuerlich.
Mindestens genauso anstrengend.
Und ein wahres Glück, dass kaum Besucher da waren, so war an den Nadelöhren kaum bis gar keine Wartezeit und man musste nicht auf Tuchfühlung gehen in den engen Röhren.
Beim Raufklettern an den ganz haarigen Stellen fragt man sich dann schon wie man da wohl wieder hinunterkommen würde, aber verdrängt das schnell.
Man will schließlich zur Statue der Green Tara im Raum hinter dem ganz obersten “Balkon”, die im tibetanischen Buddhismus für den Übergang zur Erleuchtung steht.
Sehr laienhaft ausgedrückt.
Man konnte sich also das Hochklettern damit schönreden, dass man durch Dunkel und Mühsal endlich hin zur Erleuchtung gelangen würde.
Oder man konnte sich an den Mönchen ein Beispiel nehmen, die dort oben “Dienst schieben” und da immer wieder hinauf- und hinunterklettern, oder auch an anderen Besuchern, die nicht nur Geld für Lämpchen spendeten so wie wir, sondern ganz handfeste Gaben, unter anderem Wasserflaschen und einen riesigen Kürbis. Wo ich mir dann die Frage stelle, wie um Himmels willen man nur darauf kommt, durch diese Schächte ein solches Monstrum hochzuschleifen, und was der diensthabende Mönche da oben mit seinem kleinen Gaskocher und dem Kürbis dann nur anfangen soll.

Hab ich hier im Netz gefunden: https://crawfordcreations.org/mati-si/

Auf dem Rückweg kommt man noch an einem ähnlichen, aber weit jüngeren Tempelkomplex vorbei, dem Thousand Buddha Temple aus der Yuan Dynastie von ungefähr 1300 n.Chr. Dort haben wir aber nur noch einen kurzen Fotostopp gemacht, der Rückweg war noch lange und das tausend Jahre ältere und weit höhere “Vorbild” hatten wir uns ja schon erarbeitet.

Für das Abendessen hatten sich Fahrer und Guide länger beraten, und nachdem uns das Mittagessen so gefallen hatte, wurden wir gefragt ob wir denn wieder “local food” haben möchten, diesmal von einem eher muslimischen Restaurant.

Wollten wir.
Und hatten richtig viel Spaß mit den neugierigen Einheimischen, so viel, dass wir gar keine Fotos vom wieder einmal ausgezeichneten Essen machen konnten.
Als wir in den Laden kamen, war der noch menschenleer, an sich ein ganz schlechtes Zeichen hier in China. Aber irgendwie müssen die Buschtrommeln wild gearbeitet haben, denn dann kamen sie.
Zuerst drei richtig alte Männer die sich links neben uns niederließen zum Rauchen und Essen.
Und Schauen.

Und dann kam ER vom Bild hier oben, der Mutige, der Freche, der es gewagt hat vor aller Augen zu den Fremden hinzugehen um Fotos zu machen.
Es wurde dann auch hin- und hergeprostet und das nächste Highlight war, dass Martin mit seinem Bier zu ihrem Tisch ging, um mit seinen Freunden anzustoßen, die sich nicht selbst hertrauten, aber genauso neugierig auf uns Exoten waren.
Das gab ein Hallo…!
Martin wurde sofort zum Essen eingeladen, Huhn mit Kartoffeln, ich sollte auch gleich mit, habe es aber beim Fotografieren belassen, gegessen hatten wir ja an sich sowieso schon.
Übrigens, das Schöne in China ist, dass man es mit dem Glauben nicht immer so streng nimmt. Im muslimischen Restaurant gibt es zwar kein Bier zu kaufen, aber es spricht nichts dagegen, dass man sich um die Ecke welches besorgt und es dann selbstverständlich zum Essen trinkt.
Und damit anstößt!

Schaut euch die Truppe mal genauer an!
Natürlich waren sie neugierig, haben sofort die Guide gefragt wie alt wir denn seien, diese hat zu einer langen Geschichte angehoben, dass das mit Ausländern anders sei, die fänden solche Fragen unhöflich…
Zur allgemeinen Begeisterung habe ich gleich direkt rübergerufen “Was, ihr wollt wissen wie alt wir sind, dass kann ich euch gern sagen…” und dann wurde weiter gefragt, woher wir kommen, was wir hier tun usw. usf.
Ein super Tag, dieser 27. Juli.
Leute, Essen, Landschaften, Sehenswürdigkeiten – da hat einfach alles gestimmt!